ThinKing Mai 2020: Grün, stabil und günstig - neue Anlagentechnologie zur Produktion nachhaltiger Hochleistungsfasern

12.05.2020

 

Carbonfasern können so bis zu 25 Prozent günstiger werden.

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Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen mit gleichen Festigkeitskennwerten wie Hochleistungsfasern aus Polyacrylnitril (PAN)? Und das zu deutlich verringertem Preis? Manchmal genügt das Optimieren eines Prozessschritts, um völlig neue Möglichkeiten für einen Werkstoff zu eröffnen. Das Niederdruck-Verfahren von centrotherm arbeitet in definierter Prozessatmosphäre, unter niedrigem Druck sowie mit quasi digitalen Heizzonen. So entstehen kostengünstige, biobasierte Carbonfasern mit deutlich reduziertem CO2-Footprint.

Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im Mai 2020. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.

Auf einen Blick:
- Günstig: 25 Prozent Preisreduktion für Carbonfasern
- Grün: Nachwachsende Rohstoffe als Ausgangsmaterial (Cellulose)
- Stabil: Gleiche Festigkeitskennwerte wie bei PAN-Präkursoren
- Weniger CO2: Reduzierung des CO2-Footprints um etwa 30 Prozent durch nachwachsenden Rohstoff und energieeffiziente Faserherstellung
- Schneller: mehr als ein Drittel verkürzte Prozesszeit

Leichtbau, das ist auch immer eine Frage des richtigen Materials an der richtigen Stelle. Ein vergleichsweise teurer Werkstoff sind Carbonfasern. Die hohen Kosten liegen zum einen im Einkaufspreis des Ausgangsmaterials PAN begründet, zum anderen im energieintensiven Herstellungsprozess der Hochleistungsfasern. Der Marktpreis für Carbonfasern aus PAN liegt je nach Qualität bei derzeit bei etwa 14 bis 20 €/kg.

„Wir haben uns den Prozessschritt der Stabilisierung genauer angeschaut“, erzählt Andreas Keller, Senior Manager New Technologies bei centrotherm international. „Das bisherige Herstellungsverfahren für Carbonfasern im Umluftofen hat deutliches Ver-besserungspotenzial.“ Das centrotherm-Niederdruckverfahren zur Faserstabilisierung geht daher einen völlig neuen Weg. Wichtigster Unterschied ist, dass der Prozess unter Niederdruck gefahren wird und die Faser definierte Heizzonen durchläuft. Das Anlagenmodul fügt sich nahtlos in den Gesamtprozess ein und kann den bisherigen Umluftofen ersetzen.

Niedriger Druck und genaue Temperatursteuerung
Der Prozess der Stabilisierung ist eine gebremste exotherme Reaktion. Ungebremst würden die Fasern mit dem Sauerstoffgehalt aus der Umgebungsluft verbrennen. Im Prozessraum des Niederdruckverfahrens herrscht deshalb Unterdruck, das Sauerstoffangebot ist geringer. Ein kostenintensives Schutzgas wie im Umluftofen ist daher nicht mehr notwendig. Der Unterdruck im Prozessraum entzieht außerdem den Präkursoren schon bei vergleichsweise niedriger Temperatur Wasser und Sauerstoff, was sich positiv auf die Faser und  auch auf  die Abgasqualität auswirkt. Nach dieser ersten Heizstufe wird die Faser abgestimmt auf den Fortschritt der Carbonisierung rasch weiter aufgeheizt, um die optimierte Stabilisierung innerhalb einer um etwas mehr als ein Drittel verkürzten Prozesszeit zu erreichen.

Zum Heizen setzt das Unternehmen die Strahlungswärme einer Heizquelle ein, die sich direkt im Prozessraum befindet. Die Faser wird im quasi luftleeren Raum auf die erforderliche Temperatur gebracht. Luftströmungen wie im Umluftofen, die qualitätsminderndes Schwingen der durchhängenden Fasern zur Folge haben, werden so vermieden.

Um etwa ein Viertel günstigere Hochleistungsfasern
Positiv auf den Faserpreis wirkt sich nicht nur die verkürzte Prozesszeit aus. Der deutlich verkleinerte Prozessraum und die optimierte Isolierung verbessern die Energieeffizienz des Prozesses deutlich. Die Betriebskosten konnten so um etwa ein Drittel reduziert werden. Wenn das vergleichsweise teure Ausgangsmaterial PAN (Polyacrylnitril) nun noch durch einen nachwachsenden Rohstoff, wie beispielsweise Cellulose, ersetzt wird, reduzieren sich der Präkursorpreis und die Betriebskosten zur Faserherstellung noch weiter.

 „Wir gehen derzeit von einem Endpreis in Höhe von etwas mehr als zehn bis zwölf Euro pro Kilogramm für Carbonfasern aus Cellulose aus“, sagt Andreas Keller. Im Vergleich zu Hochleistungsfasern auf PAN-Basis lasse sich so der Faserpreis um circa 25 Prozent senken. Bei den Festigkeitskennwerten müssen dabei keinerlei Abstriche gemacht werden. Zugfestigkeit und Zug-E-Modul‎ sind gleich. „Bauteile aus Carbon werden daher neue Marktbereiche erschließen können, die bisher aus Kostengründen nicht erreichbar waren“, ist sich Keller sicher.

„Grüne“ Hochleistungsfasern hinterlassen deutlich kleineren CO2-Footprint
Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen in Verbindung mit der neuen Niederdrucktechnologie führen zu einem um etwa 30 Prozent reduzierten CO2-Footprint im Vergleich zu PAN-basierten Carbonfasern. Dieser Wert basiert auf einer Berechnung des DITF im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit Centrotherm unter Leitung von Dr. rer. nat. Frank Hermanutz. Für den Leichtbau eröffnet der verminderte CO2-Footprint neue Perspektiven in unterschiedlichen Branchen, etwa durch Carbonbeton oder carbonfaserarmierten Granit in der Architektur, im Bereich Automotive oder der Luftfahrt.

Über centrotherm international AG
Die centrotherm international AG mit Sitz im baden-württembergischen Blaubeuren ist ein Anlagenbauer, dessen Kernkompetenz thermische Produktionslösungen sind. Das mittelständische Unternehmen beschäftigt 550 Mitarbeiter weltweit, entwickelt und realisiert seit über 60 Jahren Produktionskonzepte für den Halbleitermarkt, die Mikroelektronik, die Photovoltaik sowie die Carbonfaser-Industrie. Mehr unter: www.centrotherm.de